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Historisches

Kieve im 18. Jahrhundert

Selbstgemachtes

Schon zu Beginn des 18. Jhd. wird dann der Stand an besetzten Gehöften erreicht, welcher sich bis ins 20. Jhd. hielt. 1703-35 sind ein Schulze, neun Bauern und fünf Kossaten registriert. Die Kossaten sind in der Zwischenzeit zu Halbbauern aufgestiegen und dem Schulzen wurden im Laufe des 18. Jhd. die letzten Sonderrechte hinsichtlich Dienste und Abgaben genommen.

1703 hat er ebenfalls nur 72 Scheffel Aussaat für den Acker wie die Bauern. In einem Protokoll des Jahres 1726 heißt es, dass der Acker der Kiever Feldmark so miserabel sei, dass die Untertanen kaum davon leben könnten, weil sie ihn nur jedes sechste, neunte, ja sogar zwölfte Jahr bestellen könnten.

Im Generalpachtanschlag des Domanialamtes Wredenhagen aus dem Jahre 1775 finden wir eine genaue Beschreibung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Einwohner Kieves. So lesen wir darin, dass die Felder de; Bauern durch die Schweine- und Schafhütung des Vorwerkes Mönchshof äußerst gelitten hätten, und es gelte, von Seiten des Amtes dem Vorwerk Grenzen zu setzen, da die Untertanen (die Kiever Bauern) kein anderes Gewerbe hätten als Ackerbau und Viehzucht. Außerdem, so heißt es, betrieben sie den Kartoffelanbau (wir hören hier erstmals davon) recht fleißig und hätten sich auch Obstbäume notdürftig angepflanzt. Nach der kurze Zeit zuvor durchgeführten Räumung des Eldestromes, durch dessen Überschwemmungen und mangelnde Vorflut die Bauern viel gelitten hätten, fingen sie nun auch an, ihre übrigen Feld- und Wiesengräben zu räumen. An Holz können die Bauern nur wenige Birken und Erlen ihr Eigen nennen. Sämtliche Höfe sind dem Amt leibeigen.

Aus einem uns erhaltenen Hausbrief für den Hufner Johann Michael Woher aus dem Jahre 1809 geht hervor, in welchem Zustand sich der Hof befindet, als der Vater aus Altersgründen an den ältesten Sohn das Grundstück weitergibt. Interessant ist dabei besonders, welche Vereinbarungen hinsichtlich der Altenteileversorgung getroffen werden. So hat der Erbe die Eltern jährlich mit genau bestimmten Mengen an Roggen, Gerste, Buchweizen, Erbsen, Leinsamen u. ä. zu versorgen. Der alte Hausherr, so wird ausdrücklich betont, ist nicht mehr verpflichtet zu arbeiten, kann jedoch freiwillige Arbeiten wie zum Beispiel die Hütung übernehmen. Vom Erben ist das Futter für eine Kuh und vier Schweine jährlich zu stellen.

Zu den Reformen des 18. und 19. Jhd. gehörte vor allem die Separation der Ländereien. Darunter haben wir die Aufteilung der Flächen an die einzelnen Bauern zu verstehen. Die Separation der Kirchen- und Pfarrländereien erfolgte in Kieve in den Jahren 1808-26, die der Bauern 1844-46.

Im Jahre 1872 wurden die 15 Hauswirte bis auf 2 zu Erbpächtern. Aus einem Erbpachtvertrag können wir ersehen, welche Veränderungen dadurch eintraten. Die herzogliche Kammer überließ mit diesem Vertrag dem Hauswirt die Hufe Nr. 6 (heutiger Genenzscher Hof) zum erbrechtlichen Besitz. Statt einem Kanon (ständige, jährlich wiederkehrende Zahlung) schuldet er dem Herzog die Kaufsumme von 9.475 Mark (mit 4 % Zinsen!) für Acker, Wiesen, Weide und Garten sowie die Summe von 6 300 Mark (5 % Zinsen) für Gebäude, Inventar, Saaten und Bestellung. Welche gewaltigen Summen das waren, können wir uns vorstellen, wenn wir wissen, dass 1880 eine Kuh ca. 300 bis 400 Mark kostete. Bis 1945 hatte eine Anzahl von Bauern diese Summe nicht tilgen können. Daran können wir auch ersehen, dass zweifelsohne der Herzog den größeren Nutzen von der Vererbpachtung hatte, obwohl nun die Produktivkräfte frei und der Hof vererbbar war. Ausgeschlossen war die Jagd auf verpachteten Grundstücken.

Viehsterben, Misswuchs, Viehplage, Ungeziefer- und Wildschaden gingen zu Lasten des Erbpächters. Auch die Dienste und Pflichten an die Pfarre und Schule, an gemeinnützige Einrichtungen und die Gemeinde waren von ihm ohne Unterstützung des Amtes zu tragen.

Außerdem musste – und das war oft eine beträchtliche Last, wie wir schon 1809 sahen – der Altenteiler versorgt werden. Vom Erbpächter durften keine Veränderungen am Gehöft vorgenommen werden. Jegliche personelle Veränderung bedurfte der Zustimmung des Amtes. Ihm allein stand jedoch das Recht der Kündigung zu. Im Verkaufsfall sicherte sieh die herzogliche Kammer das Vorkaufsrecht, auch zugunsten Dritter. Der Erbbesitz konnte nur einer Person zustehen, zulässig war aber der unentgeltliche Besitz mehrerer Erben des vorherigen Besitzers bis zur Erbschaftsteilung. Eine Vererbung des Besitzes an ein Mitglied der Familie bis zum 4. Verwandtschaftsgrad war dabei möglich.

Von den Einwohnern mussten für die Gemeinde – je nach Besitzverhältnissen – unentgeltliche Hand- und Spanndienste geleistet werden. Schon 1874 wurde beschlossen, dass bei Feuerausbruch die Handdienste von Büdnern und Einwohnern zu gleichen Teilen zu leisten sind. Fuhrleistungen hatten der Reihe nach durch die Erbpächter zu erfolgen.

Im Übrigen hatten 1922 beispielsweise die Vollbauern fünf, die Halbbauern und die übrigen Spannviehbesitzer einen Spanndiensttag zu leisten. Die Handdienste waren wie folgt verteilt:

  • Vollbauern mit 50 ha Land 12 Tage;
  • Halbbauern mit 30 ha 8 Tage;
  • Büdner und Pächter mit 10 ha 3 Tage, mit 5-10 ha 2 Tage;
  • Büdner, Pächter, Häusler und Einwohner mit weniger als 5 ha Land einen Tag.

Die Elde war schon immer öffentliches Gebiet und wurde deshalb auch nicht von der Gemeinde unterhalten. Die entstehenden Räumungslasten musste deshalb jeder Anlieger selbst tragen (die Gemeinde beteiligte sich 1900 mit 5 %, 1923 mit 25 %. Sie haben viele Schwierigkeiten durch den Fluss, bilden aber einen Elderäumungsverband, dem sich die Gemeinde mit ihren Ländereien 1923 anschließt.

Beträchtliche Schäden entstanden beispielsweise, als 1920 das Wehr (Stauanlage) in Wredenhagen eingerissen wird. Die Gemeinde hat infolgedessen unter einem ganz ungewöhnlichen Wasserstand zu leiden; Wiesen, Keller und Gärten stehen unter Wasser.

Etwas kurios mögen wir wohl folgende Begebenheit empfinden: 1873 hat die Gemeinde Kieve einem gewissen Magnus Behm bei der Abreise desselben nach Amerika finanziell unter die Arme zu greifen. 11 Thaler und 13 Groschen zahlt die Gemeinde, nachdem Behm gelobte, sie hätten keine weiteren Kosten mit ihm. Doch wird er wohl nicht der einzige gewesen sein, der auszog in das weite „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“.

Ein gutes Stück Zeitgeschichte haben die Lindenbäume, die wir heute noch vor der Gaststätte und dem ehemaligen Schulhaus betrachten können, miterlebt. Sie wurden aufgrund eines einstimmigen Beschlusses der Dorfversammlung im Frühjahr 1879 gepflanzt.

Quelle: 1232 - 1982, 750 Jahre Kieve - Eine Chronik, erarbeitet von Gerd Koths